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Auf Basis von Nutzungseinheiten, welche in der Konzession festgelegt sind, werden die zu fällenden Bäume bestimmt. Fotos: Oliver Reinhard

Verband & Politik | ZeitschriftenLesezeit 4 min.

Ist eine nachhaltige Waldwirtschaft auch in Afrika möglich?

Im Rahmen seiner Bachelorarbeit reiste der angehende Forstingenieur Oliver Reinhard in den Dschungel von Gabun. Mittels einer Vorstudie wollte der 25-Jährige herausfinden, ob es dort möglich ist, Holz nachhaltig zu ernten. Hier berichtet er von seinen Erfahrungen.

Oliver Reinhard* | Da ich schon immer fasziniert von der Waldbewirtschaftung war, studiere ich Waldwissenschaften an der Berner Fachhochschule (HAFL). Besonders die Tropen interessieren mich, und ich fragte mich, ob es wohl möglich sei, Holz dort ebenso nachhaltig zu ernten, wie wir es in der Schweiz tun. Um dies herauszufinden, reiste ich im Frühling dieses Jahres für meine Bachelorarbeit in die Wälder des afrikanischen Staates Gabun zu «Precious Woods». Gabun liegt in der Mitte Afrikas an der Atlantikküste. Dort verfügt die Schweizer Firma Precious Woods AG eine Holzerntekonzession von 600 000 Hektaren. Das entspricht knapp 40% der gesamten Waldfläche der Schweiz. Neben dem Holzeinschlag von über 200 000 m3 werden drei Sägewerke mit einem Rundholzeinschnitt von über 50 000 m3 betrieben. Precious Woods bietet mit ihren Aktivitäten über 500 lokale Arbeitsplätze. Das Unternehmen ist FSC- und PEFC-zertifiziert. 

In diesem Betrieb erarbeitete ich eine Vorstudie über eine mögliche Relokalisierung der bestehenden Sägewerke. Dabei standen die ökonomischen Auswirkungen im Zentrum. Spannender Nebeneffekt war, dass ich die Prozesse und die Firma kennen musste. Das erlaubte mir, viel mit den Arbeitern und den Führungspersonen zu sprechen und Eindrücke zu sammeln. 

In Gabun gehören praktisch alle Wälder dem Staat. Um eine Nutzung der Waldflächen zu ermöglichen, werden Holzerntekonzessionen – ähnlich einer Pacht – erteilt. Als Unternehmen muss man einen Betriebsplan erstellen, inklusive Inventur der Fläche und geplanter Aktivität. Wird dieser gutgeheissen, erhält die Firma Nutzungsrechte für 25 Jahre. Danach beginnt dieser Prozess wieder von Neuem. Da das Klima in den Tropen sehr förderlich für Pflanzen ist, ist das Ökosystem extrem vielfältig. So finden sich auf der gesamten Konzessionsfläche  über 500 verschiedene Baumarten. Bis heute werden neue Arten entdeckt. Auch wird jeder noch so kleine Sonnenstrahl von Bäumen, Sträuchern und Lianen genutzt, was die Wälder sehr vielschichtig macht. Von diesen 500 Baumarten werden jedoch nur 20 kommerziell genutzt. Und davon besitzen heute nur fünf bis sechs Arten einen genügend hohen Wert, um sie zu nutzen. 

Holz als Alternative zu Stahl

Den Löwenanteil mit über 70% der Nutzung nimmt dabei Okume ein. Diese Baumart ist am häufigsten in den Wäldern vertreten. Sie bildet mächtige Stämme mit mehr als mannshohen Anläufen. Das Holz ist lachsfarben, wohlriechend, insektenbeständig und leicht. Es wird vor allem für Furniere und Sperrholzplatten verwendet. Die schlechteren Qualitäten werden vor Ort eingesägt und finden Verwendung als Möbel und Bauholz. Die zweitwichtigste Baumart ist Azobe. Diese immergrünen Laubbäume werden bis zu 40 Meter hoch und sind als Eisenholz bekannt. Es ist eines der schwersten und resistentesten Hölzer, die es gibt. Mit einem Gewicht über 1 t/m3 sinkt dieses Holz sogar. Es wird besonders für Bauten in Salzwasser genutzt und ist eine Alternative zu behandeltem Holz oder Stahl. Die dritte Hauptbaumart ist Padouk. Das Holz ist für seine rubinrote Farbe bekannt und ist insektenresistent. 

10% Totalreservate

Der Wald wird im Dauerwaldsystem bewirtschaftet. Es wird dabei vom dicken Ende her eingegriffen. Speziell sind die Mindestdurchmesser, die pro Baumart berechnet werden. Diese beginnen bei einem Brusthöhendurchmesser von 70 cm und gehen bei einigen Baumarten bis 90 cm. Alles, was dünner ist, muss stehen bleiben. Dies ermöglicht eine stete Verjüngung und verhindert die Übernutzung einer Baumart. Die Eingriffsstärke alle 25 Jahre liegt bei einem bis zwei Bäumen pro Hektare. Daneben sind über 10% der Konzessionen als Totalreservate ausgeschieden. 

Die Konzession ist in jährliche Nutzungseinheiten unterteilt. Jede Nutzungseinheit wird vor der Holzernte kartografiert mit Bäumen, Topografie und Gewässern. Auf dieser Basis werden geeignete Bäume ausgewählt. Anhand dieser Verteilung werden Strassen und Maschinenwege gebaut. 

Während meines Aufenthalts habe ich festgestellt, dass die Holzfäller sehr professionell und kompetent arbeiten. Mit grossen Stihl-MS-780-Motorsägen werden die Bäume gefällt. Die Zweierteams bestehen aus einem Meister und seinem Lernenden. Dabei konzentriert sich der Meister aufs Fällen, der Lernende kann so von ihm lernen und nach einem bis zwei Jahren dieselbe Arbeit übernehmen. Jedes Team hinterlässt eine Unterschrift auf dem Stock, welche anschliessend von einem Kontrolleur aufgenommen wird. Dieser bewertet Schnittbild, Fällrichtung sowie Rückzugsweg und vergibt zwischen null und zehn Punkten. Bei einem Durchschnitt von über acht Punkten gibt es einen Bonus. Der Akkordlohn wird pro m3 ausbezahlt. 

Auch ich durfte mitarbeiten. Am Ende der zwei Monate lag eine Woche Waldarbeit drin, bei welcher ich die gesamte Holzernte miterleben und auch den einen oder anderen Baum fällen und rücken konnte. Gerückt wird mit Bulldozern und Skiddern. Ein Bulldozer ist in diesem Gelände unentbehrlich. Sei es für den Strassenbau, das Erstellen von Rückewegen oder das Rücken von schweren Stämmen. Hinzu kommt ein Arbeiter mit Motorsäge, welcher die Trennschnitte vornimmt. Bei Rückedistanzen über 200 Meter werden Skidder eingesetzt. So werden die ersten Meter mit den Bulldozern gerückt und gebündelt. Anschliessend übernimmt der Skidder den langen Weg. Auf einem Holzplatz werden die Stämme nach Qualität klassiert, markiert, und es werden Trennschnitte ausgeführt. Anschliessend werden sie mit einem Radlader auf Langholz-Lastwagen geladen und abgeführt. Nach vollendeter Arbeit werden die Strassen blockiert sowie die Brücken rückgebaut und erst in
25 Jahren wieder geöffnet. 

Problem: Korruption

Mein Fazit nach den zwei Monaten in Gabun lautet: Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung nach FSC- und PEFC-Standards in den Tropen ist möglich und sinnvoll: Sie gibt dem Wald einen Wert. Das schützt ihn vor Wilderei und Umwandlung in Ackerland. Die Einwohner erhalten eine gute und sichere Arbeit. Der Wald nimmt durch die feinen Eingriffe keinen Schaden und kann so über Generationen wertvolle Hölzer bereitstellen. Schwierigkeiten sehe ich besonders beim Staat. Korruption verhindert eine gute Infrastruktur und führt zu extrem hohen Kosten für Unternehmen und die Bevölkerung. So ist das Essen zum Teil teurer als in der Schweiz! Generell spürt man jedoch eine Aufbruchstimmung, und das gibt Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

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