Home KalenderAktuelles

In diesem zweieinhalb Meter hohen, extrem hitzebeständigen Metallzylinder werden rund 400 Kilo Schweizer Restholz nach einem neuen Verfahren bei bis zu 1000 Grad «gekocht». Nach sechs Stunden kommen rund 100 Kilo hochwertige Holzkohle heraus.Foto: zVg

Verband & Politik | ZeitschriftenLesezeit 4 min.

Er macht aus Schweizer Restholz nachhaltige Holzkohle

Der 24-jährige Forstwart Oliver Reinhard verarbeitet Holzreste einer nahen Sägerei in Waltalingen (ZH) zu hochwertiger Holzkohle. Nach dem Abschluss seines Bachelors in Waldwissenschaften an der Berner Fachhochschule will er voll darauf setzen.

Sarah Sidler | Oliver Reinhard arbeitet in den Wäldern um seinen Wohnort Stammheim im Zürcher Weinland als selbstständiger Forstwart. Nebenbei schreibt er seine Bachelorarbeit in Waldwissenschaften mit Schwerpunkt Forstwirtschaft an der Berner Fachhochschule (BFH). Dafür bereiste er vor Kurzem das afrikanische Land Gabun und begutachtete die dortige Form der Waldbewirtschaftung. Zudem nahm er im Mai erfolgreich an der Stihl Timbersports World Trophy in Mailand (I) teil. Vor allem aber treibt der 24-Jährige seine Selbstständigkeit als Köhler voran: Seitdem er vor einem Jahr nebenbei mit der Herstellung von Schweizer Holzkohle auf dem Bauernhof seiner Eltern begonnen hat, hat er bereits über zehn Tonnen davon verkauft. 90% gingen an Grillfachgeschäfte, Metzger und Gourmetrestaurants. «Für den Aufbau meines Einzelunternehmens Olis Kohle konnte ich gleich das theoretisch Erlernte des Studiums praktisch umsetzen.» Er habe im vergangenen Jahr extrem viel gelernt. Sei es das Berechnen der Preise seiner Kohle, das Vermarkten seiner Produkte im selbst aufgebauten Onlineshop oder das Verkaufen seiner Holzkohle an Wiederverkäufer.

«Den Anstoss zum Köhlern gab mir die Tatsache, dass über 95% der in der Schweiz verkauften Holzkohle aus dem Ausland stammen, teilweise sogar aus Afrika und Südamerika», sagt der künftige Forstingenieur. Denn auch wenn die Holzkohle aus Europa, zum Beispiel aus Polen, stamme, würde damit indirekt die teilweise illegale Abholzung in Afrika gefördert. Während nämlich Polen die einheimische Kohle international weiterverkaufe, werde im Land selbst solche aus Afrika verwendet. «Mit dem Kauf solcher Kohle finanzieren wir indirekt die illegale Abholzung von Regenwald.» Das störte den damals 23-Jährigen dermassen, dass er sich daranmachte, einheimisches Restholz zu hochwertiger Kohle zu verarbeiten. «Bis die Qualität stimmte, pröbelte und experimentierte ich viel. Das theoretische Wissen brachte ich mir durch Wälzen von Fachliteratur bei.»

Rebholz für Pizza

Derzeit verarbeitet Oliver Reinhard Restholz von Eschen und Buchen von der wenige Hundert Meter entfernt gelegenen Sägerei Konrad Keller AG.
Auch aus altem Rebholz der umliegenden Weinbauern produziert er Holzkohle. Der Porenaufbau der verschiedenen Holzarten beeinflusst die Hitze und die Brenndauer der Kohle. «Dichte Rebholzkohle eignet sich besonders für Bratgut, das sehr viel Hitze braucht. Pizza beispielsweise.» Einen Teil des benötigten Restholzes rüstet der Forstwart selbst. Dabei seien die Holz-
eigenschaften egal. «Auch angefaultes und astiges Holz wird richtig verarbeitet zu hochwertiger Holzkohle, lediglich die Holzart ist entscheidend.»Oliver Reinhard setzte bei seinem Geschäft von Anfang an auf Qualität. «Kohle ist nicht gleich Kohle», sagt er und zeigt in seinem Grill den Unterschied zwischen herkömmlicher Holzkohle und seiner eigenen. Erstere kann Fremdstoffe wie zum Beispiel Papier enthalten. Die meist kleinen Kohlestücke können stark danach riechen und Rauch entwickeln. Die mindestens faustgrossen Stücke aus eigener Produktion hingegen glimmen und geben eine gleichmässige Hitze ohne Rauch ab. Der Unterschied komme daher, dass günstige Holzkohle bei tiefen Temperaturen verarbeitet werde. Um das Gewicht zu erhöhen, werde sie mit Wasser abgelöscht. «Die Rauchentwicklung solcher Holzkohle kommt vom Teeröl, das durch diese Verarbeitung entsteht. Dieser Rauch beinhaltet krebserregende Stoffe.» Um eine hohe Qualität zu gewährleisten, arbeitet Oliver Reinhard nach einem neuen Verfahren mit einem zweieinhalb Meter hohen Zylinder aus speziell legiertem Edelstahl. Dabei wird Brennholz in einem separaten Ofen erhitzt. Dieses gart die jeweils rund 400 Kilo Holzreste im Zylinder wie in einem Dampfkochtopf während sechs Stunden bei 270 Grad. Bei dieser Temperatur beginnt der Umwandlungsprozess zu Kohle, flüchtige Teile des Holzes werden ausgekocht – die Pyrolyse beginnt. Das freigesetzte schädliche Gas in der Brennkammer verbrennt und heizt den Ofen auf bis zu 1000 Grad auf.

Als wichtiger Nebeneffekt wird damit auch die Verschmutzung der Luft verhindert. Haben sich alle Bestandteile verflüchtigt, resultiert eine Holzkohle, die beim Grillieren keinen Rauch verursacht. «Dieses Verfahren ist extrem effizient», so Oliver Reinhard. Während er nach der Formel 4 zu 1 rechnen kann – 400 Kilo Restholz ergeben 100 Kilo Holzkohle –, verschiebt sich diese Formel bei der herkömmlichen Herstellung von Holzkohle auf bis zu 20 zu 1, was
einem massiv grösseren Ressourcenverbrauch entspricht. 

Gefällt Ihnen dieser Beitrag? In der Zeitschrift "Wald und Holz" finden Sie den gesamten Artikel sowie zahlreiche weitere lesenswerte Artikel.

Wald und Holz jetzt abonnieren

ähnliche News aus dem Wald