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Der Eichelhäher vergräbt jedes Jahr bis zu 5000 Eicheln als Wintervorrat.Foto: Michel Muriset

Verband & Politik | ZeitschriftenLesezeit 4 min.

Eichelhäher und Förster – zusammen für den Eichenwald

Der Verein proQuercus lanciert mit Unterstützung der Seedling Foundation ein Projekt zur Nutzung der unterstützten Hähersaat. Die Aktivität des Eichelhähers soll genutzt werden, um das Eichenvorkommen auf natürliche Weise zu erweitern.

Patrick Bonfils* | Ohne den Eichelhäher wären viele Eichenarten nach der letzten Eiszeit nicht in der Lage gewesen, weite Teile Europas zu besiedeln. Er war es, der die schweren Samen der Eiche, die Eicheln, über grosse Distanzen transportierte. Bis heute sorgt dieser intelligente Rabenvogel für die Verjüngung und Verbreitung der wichtigsten einheimischen Eichen: der Stiel-, Trauben- und der Flaumeiche.

Allesfresser mit Vorliebe für Eicheln 

Obwohl der Eichelhäher ein Allesfresser ist und sich sowohl von Früchten und Samen als auch von Spinnen, Insekten, Raupen und sogar kleinen Nagetieren sowie Jungvögeln ernährt, gehören die Eicheln zu seiner Hauptspeise. Diese sind im Herbst besonders wichtig, weil sie auch der Anlage von Wintervorräten dienen. Beim Sammeln der Eicheln überlässt der Eichelhäher nichts dem Zufall. Er wählt die Eicheln meist noch am Baum in Abhängigkeit von Grösse, Form und Zustand aus. Er bevorzugt Eicheln, die über 2,5 Gramm wiegen, länglich geformt, reif (braune Färbung) und nicht von Parasiten oder Schimmel befallen sind.

Unermüdlicher Waldbauer

Der Eichelhäher kann bis zu zehn Eicheln in seinem Kropf und eine, meist die grösste, in seinem Schnabel transportieren. Die maximalen Distanzen, die der Vogel zurücklegt, variieren zwischen 1 und 6 Kilometern. Je schwächer die Eichelmast, desto grösser die Entfernungen, welche der Vogel zurücklegt, um die nötigen Vorräte aufzutreiben. Er legt seine Verstecke in Übergängen von Waldstrukturen an (Bestandeslücken, Säume) und wählt dabei mit Vorliebe lockere Böden. Er vergräbt, gleichmässig verteilt, nur eine Eichel pro Versteck. Der Abstand zwischen den Verstecken beträgt zwischen 0,5 und 15 Metern.

Ein einziger Eichelhäher versteckt so im Herbst bis zu 5000 Eicheln. Aufgrund seines ausgeprägten Erinnerungsvermögens findet er die Verstecke später selbst unter einer Schneedecke wieder. Trotzdem bleiben bis zu 60 % der versteckten Eicheln ungenutzt, sodass im Frühling viele Hunderte bis Tausende Eichensämlinge keimen.

Eine Hypothese besagt, dass der Eichelhäher diesen «Vorrat auf Vorrat» für seinen Nachwuchs anlegt, damit dieser im Frühling, während der energetisch kritischen Phase des Aufwuchses, überlebt. Es wurde nämlich beobachtet, wie Jungvögel gelegentlich mit den energiereichen Keimblättern der Eichensämlinge gefüttert werden. Zudem kann angenommen werden, dass die Altvögel dem flügge gewordenen Nachwuchs das Ausbeuten dieser Nahrungsquelle beibringen. Tatsache ist, dass dank des Fleisses des Eichelhähers in der Schweiz jedes Jahr viele Hunderttausende Jung­eichen spriessen.

Natürliche Prozesse nutzen

Das Projekt «Unterstützte Hähersaat» will den natürlichen Verjüngungsprozess durch den Eichelhäher nutzen. Bei fehlenden oder zu wenigen Samenbäumen wird dem Vogel in sogenannten Häherkästen ein künstliches Eichelangebot zur Verfügung gestellt. Ausgehend von diesen Depots transportiert und sät der Eichelhäher die Samen an den geeigneten Kleinstandorten. Aufgrund der Qualitätssortierung der Eicheln durch den Eichelhäher wachsen gesunde und vitale Eichen heran. Im Gegensatz zu den vom Menschen gepflanzten Eichen haben sie auch keinen Pflanzschock erlitten und verfügen über eine intakte Pfahlwurzel.

Forstbetriebe, welche daran interessiert sind, ein solches Hähersaat-Projekt zu realisieren, werden von proQuercus bei der Umsetzung unterstützt. Sie erhalten ein Merkblatt zur fachlichen Anleitung und werden für das Aufstellen der Häherkästen auch finanziell entschädigt. Im Gegenzug verpflichten sie sich dazu, die Häherkästen während dreier Saisons zu warten (Unterhalt, Nachfüllen der Eicheln) sowie die potenziell aufkommende Verjüngung zu schützen und zu pflegen. 

Welche Flächen eignen sich?

Geeignete Projektflächen sind rund 3 Hektaren gross und weisen keinen oder nur einen geringen Eichenanteil auf, da das Eichenvorkommen erweitert werden soll. Die Bestände zeichnen sich vorzugsweise durch Übergänge von Waldstrukturen aus, zum Beispiel Bestandesöffnungen aufgrund von Sturm- und Trockenschäden, und bieten damit günstige Voraussetzungen für die Verjüngung. Zur Unterstützung der Verbreitung in höheren Lagen ist ausserdem ein Höhengradient wünschenswert.

Aktionstage runden das Projekt ab

Ein Hähersaat-Projekt ist nicht nur für den Forstbetrieb interessant. Dieses eignet sich auch ausgezeichnet für Öffentlichkeitsarbeit. So bietet sich die Möglichkeit, einem Laienpublikum neben der Eichenverjüngung zum Beispiel auch die natürlichen Waldprozesse, den Klimawandel, die Waldleistungen usw. näherzubringen. Im Rahmen von Aktionstagen sollen so Schulen, aber auch Vereine, NGOs und Firmen angesprochen werden.

Weitere Informationen zu den Hähersaat-Projekten, den Aktionstagen und zur finanziellen Unterstützung der Forstbetriebe stellt proQuercus auf seiner Website zur Verfügung. 

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