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Verband & Politik | ZeitschriftenLesezeit 4 min.

Gehege um Pflanzeninseln als veritabler Quell der Biodiversität

Die Verjüngung von eingehagten Pflanzeninseln auf bewaldeten Weiden beflügelt die Biodiversität geradezu. Die ValForêt SA, die in den Kantonen Bern und Jura tätig ist, kümmert sich um mehrere Hundert solcher Gehege, und sie treibt auch deren Weiterentwicklung voran.

Marc Fragnière | Die Reaktionen fielen unterschiedlich aus, als 2020 zwischen Le Fuet und Bellelay in der Gemeinde Saicourt (BE) Gehege aus Rundhölzern entstanden. Jean-Marc Friedli, Direktor der ValForêt SA, die diese Strukturen errichtet hatte, erinnert sich: «Zu dieser Zeit war das Holz fast nichts wert, und wir hatten viele Borkenkäfer. Es gab keine Absatzmöglichkeiten, so beschlossen wir, das Holz vor Ort zu verwenden.»

Jean-Marc Friedli und seine Männer orientierten sich an einer bestehenden Pflanzeninsel im Waadtländer Bezirk Jura Nord und erstellten ein entsprechendes Bauwerk vor Ort. «Das Holz stammte aus Käferholzhainen. Wir haben einen Prototyp eines solchen Geheges gebaut, um zu sehen, was passiert.» Der Test war erfolgreich: «Wir hatten schon viele verschiedene Arten ausprobiert. Aber es hat sich gezeigt, dass es eine gute Idee war, die Ausläufe aus Rundholz statt aus Latten, Drähten, Balken oder Gittern zu machen.»

Diese Idee sorgte in der Region für Gesprächsstoff: «Zwei Tage nachdem wir unsere ersten Gehege aufgestellt hatten, trat bereits das zuständige Amt auf den Plan. Man fragte sich dort, ob wir nicht eine Baugenehmigung hätten einholen müssen. Nach einem Jahr hat sich niemand mehr diese Frage gestellt, weil sich die Gehege in die Landschaft eingefügt hatten. Aber als sie noch neu waren, glaubten einige, dass wir Häuser bauen wollten. Dank der Unterstützung der Forstabteilung war das aber schnell geklärt.»

Ausschliesslich Vorteile

«Es war zwar nicht die günstigste Variante, aber in einem Jahr, in dem Holz ein Verlustgeschäft ist, eine durchaus sinnvolle Option.» Und das nicht nur aus praktischer und wirtschaftlicher Sicht, sondern auch im Hinblick auf die Biodiversität. «Man stellt fest, dass in einem solchen Gehege ein ganz anderes Klima entsteht, vor allem in der Mitte, wo es sonst keine Bäume mehr geben würde. Aufgrund der Stämme schmilzt der Schnee im Frühling eher. Und im Sommer wird das Klima um die Pflanzeninsel herum reguliert. Die Feuchtigkeit wird aufgenommen und wieder abgegeben. Wie man am guten Wachstum erkennt, ist das durchaus vorteilhaft», erklärt Jean-Marc Friedli und deutet auf das blühende Innere des Zauns.

Auch in ökologischer Hinsicht übertrifft das Rundholzgehege die anderen Varianten: «Baut man ein Gehege aus Maschendraht oder Draht, muss man es irgendwann wieder abbauen. Da liegen dann Nägel und alles Mögliche herum. Bei der Variante aus Rundholz gehen wir davon aus, dass es von unten her – wo es den Boden berührt – verrottet. Aber das wird eine Weile dauern.» Ursprünglich ging der Förster von einer Lebenserwartung von zehn Jahren aus. Heute ist klar, dass die Zersetzung der entrindeten Stämme langsamer erfolgt als erwartet. Und das ist auch gut so! Denn sind diese Bauten dereinst einmal verrottet, werden die Bäume und Sträucher, die sie geschützt haben, hoch genug gewachsen sein, damit sie nicht mehr von Rindern und Pferden abgeweidet werden können.

Oasen der Biodiversität 

«Pro Gehege werden zwischen fünf und zehn Arten angepflanzt. Aufgrund der Konkurrenzsituation wird sich eine gewisse Mischung einstellen. Aber dank des Lichteinfalls von allen Seiten bleiben stets mindestens fünf Arten pro Gehege. Wir pflanzen sehr viel, aber keine Fichte. Wir suchen nach Baumarten, die sich an die Beweidung anpassen können. Kirschbäume lassen zum Beispiell viel Sonnenlicht passieren, sodass es am Boden unter ihnen nur halb so schattig ist wie unter einer Buche. Ausserdem wollen wir Arten, deren Laub sich schnell zersetzt, damit die Weide im Frühjahr nicht mit schlecht verrottetem Laub übersät ist.» Jean-Marc Friedli deutet auf eine Kerze in der Mitte eines Geheges: «Diese Pflanze beherbergt besondere Insekten, Vögel und Pilze. Wir haben hier Arten wie Vogelbeere und Holunder und solche, die wir hierher gebracht haben, wie den Spitzahorn oder die Weisstanne, sowie die Kleinblättrige Linde und die Mehlbeere.»

Jean-Marc Friedli zeigt auf einen Weissdorn: «Der ist natürlich, und so etwas lassen wir selbstverständlich stehen.» Bei den gepflanzten Arten sei das Ziel, nicht mehr eingreifen zu müssen. Entsprechend würden solche Auszäunungen stets um Baumstüm-
pfe herum angelegt, denn dort sei die Regeneration so gut wie sicher. Anpflanzungen an anderen Stellen benötigten die Hilfe von Mykorrhiza-Pilzen, um im gleichen Umfang zu wachsen, erklärt Jean-Marc Friedli.

Aus totem Holz entsteht neues Leben

«Es kommt auch vor, dass wir Zäune um alte, gebrochene Bäume bauen. Das sieht gewöhnungsbedürftig aus, aber genau in solchen Gehegen wird die Biodiversität markant erhöht. In Tramelan habe ich ein Gehege mit dem unteren Teil einer riesigen, vertrockneten Tanne. Höhlenbrüter und andere Vogelarten nisten gerne in solchem Holz. Wollten wir das von Grund auf neu schaffen, bräuchten wir Jahrzehnte. Bisweilen werden astronomische Beträge für Biodiversitätsmassnahmen ausgegeben, dabei müsste man nur das eine oder andere stehen lassen. Eine der Stärken der Waldweide ist, dass sie viele Nebeneffekte ermöglicht. Wenn man, wie in Tramelan, bloss ein kleines Extra hinzufügt, kann man die Biodiversität mit geringen Kosten deutlich erhöhen», erklärt der Forstfachmann.

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