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Abbildung 1: Vom Eschentriebsterben befallene Eschen (grosses Bild). Esche mit Hallimaschbefall am Stammfuss (kleines Bild). Fotos: WSL

ZeitschriftenLesezeit 4 min.

Hallimaschpilz setzt den Eschen ebenfalls stark zu

Vom Eschentriebsterben betroffene Eschen zeigen oft eine Infektion des Wurzelsystems und des Stammfusses mit Hallimasch. Die Wurzelzersetzung führt zu einem Stabilitätsverlust. Richtlinien sollen helfen, Gefahren richtig einzuschätzen und zu minimieren.

Von Renate Heinzelmann* | Das Eschentriebsterben ist eine Baumkrankheit, welche durch den aus Asien eingeschleppten Pilz Hymenoscyphus fraxineus (ein kleiner weisser Becherling, 5 bis 10 Millimeter) verursacht wird. In der Schweiz wurde der Pilz erstmals 2008 an Eschen im Kanton Basel-Stadt nachgewiesen. In den Folgejahren breitete sich der Pilz rasant aus und ist seit 2015 in der ganzen Schweiz zu finden. Der Pilz infiziert im Sommer die Blätter der Eschen und wächst von diesen bis in die Triebe hinein, welche dann absterben und das charakteristische Bild des Eschentrieb-
sterbens verursachen (Abbildung 1, oben).

Jährlich wiederkehrende Infektionen mit H. fraxineus führen zu einem progressiven Kronensterben und im schlimmsten Fall zum Absterben der Eschen. Zudem kann der Erreger des Eschentriebsterbens Stammfussnekrosen verursachen. Ausgedehnte Nekrosen, welche fast den ganzen Umfang des Stammfusses umspannen, können Eschen ebenfalls zum Absterben bringen. Die Zersetzung des Stammfusses wird massiv beschleunigt, wenn die Nekrosen von Hallimasch (Armillaria spp., ein Pilz mit Hut und Fuss, 15 bis 25 Zentimeter) oder anderen sekundären Schadorganismen besiedelt werden. Zudem schwächt das alljährlich Eschentriebsterben die Eschen, und sie werden anfälliger für Hallimasch- und weitere Pilzinfektionen im Wurzelbereich.

In der Schweiz gibt es fünf verschiedene Hallimascharten, die im Wald vorkommen. Sie sind alle weitverbreitet. Aus ökologischer Sicht hat der Hallimasch eine wichtige Funktion im Wald.

Als Weissfäule-Erreger kann er Zellulose wie auch Lignin abbauen und trägt somit erfolgreich zur Zersetzung von Totholz bei. Aus forstlicher Perspektive hingegen gilt der Hallimasch als Schadorganismus, der gesunde (primärer Parasitismus) oder geschwächte Bäume (sekundärer Parasitismus / Schwächeparasitismus) befällt und zum Absterben bringen kann. 

Die Hallimascharten unterscheiden sich in ihrer Pathogenität und ihrem Wirtsspektrum (Abbildung 2). Hallimaschindividuen können riesig werden (bis 965 Hektaren in den USA) und in einem Waldbestand über mehrere Baumgenerationen bestehen. Sie breiten sich über Wurzelkontakte von bereits infizierten zu gesunden Holzpflanzen aus wie auch über Rhizomorphen, welche durch den Boden wachsen. Letzteres sind Myzelstränge mit einer melanisierten Rinde, welche ein wurzelähnliches Aussehen haben. Ist der Hallimasch einmal in das Wurzelsystem eines Baumes eingedrungen, kolonisiert er das Kambium und bildet weis-
se, fächerartige Myzelmatten aus (kleines Foto, Abbildung 1).

Gleichzeitig beginnt der Hallimasch mit der Zersetzung des Holzes. Solange die Hallimaschinfektion nur auf einen Teil des Wurzelsystems oder des Stammfusses beschränkt ist, sind die Bäume meist noch lebensfähig. Ihre Stabilität kann jedoch beeinträchtigt sein. In den Schweizer Wäldern dominieren die Schwächeparasiten A. cepistipes und A. gallica. Beide Arten bilden dichte Rhizomorphen-Netzwerke im Boden. Von den primärparasitischen Arten A. ostoyae und A. mellea ist nur die erste häufig im Wald zu finden. Beide Arten produzieren selten oder fast keine Rhizomorphen.

Umstürzende Eschen sind eine grosse Gefahr

Aktuell schreitet das Eschentriebsterben in den betroffenen Eschenbeständen schnell voran. Daher ist der Fortbestand der Esche im Schweizer Wald gefährdet. Es scheint aber, dass ein kleiner Teil der Eschen gegenüber der Krankheit resistent ist, und es besteht Hoffnung, dass über die Zeit eine neue, resistentere Generation von Eschen aufkommt oder gezüchtet werden kann. Bis dahin bleibt nur die Option, bestmöglich mit der Situation umzugehen. Die derzeitig grösste Herausforderung ist, das Risiko für Mensch und Infrastruktur durch umstürzende Eschen möglichst gering zu halten. Wie die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, sind nicht nur tote Eschen problematisch, sondern auch belaubte Eschen kippen oftmals während eines Sturmes um. Bedrohlich ist, dass vereinzelt auch das Kippen von Eschen bei guter Witterung und Windstille beobachtet wurde. Äusserst bedauerlicherweise kam es nebst Infrastrukturschäden auch schon zu Todesfällen in der Schweiz wegen umstürzender Eschen.

Zersetzung der Wurzeln verursacht Kippen

Eine Gemeinsamkeit der gekippten Eschen ist, dass ihr Wurzelsystem oder ein Teil davon oftmals stark zersetzt ist und typische Merkmale einer Hallimaschinfektion, wie Myzelmatten, Weissfäule oder Rhizomorphen, sichtbar sind. Um das Zusammenspiel zwischen dem Eschentriebsterben und einem Hallimaschbefall am Stammfuss und im Wurzelsystem besser zu verstehen, hat die Gruppe Phytopathologie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) im Sommer 2022 auf 10 Flächen im östlichen Mitteland (Kantone SG, TG, ZH) Untersuchungen durchgeführt. Die Untersuchungsflächen wurden ursprünglich im Jahr 2018 von der Gruppe Waldschutz Schweiz der WSL eingerichtet. Auf jeder Fläche wurden 
21 Eschen ausgewählt und markiert (BHD: 20 bis 96 Zentimeter, Ø: 32.7 Zentimeter).

Im Jahr 2018 wie auch im Jahr 2020 wurden die Kronenverlichtung wie auch das Vorhandensein von Stammfussnekrosen aufgenommen. 2022 wurden diese Aufnahmen an den noch vorhandenen Eschen fortgeführt. Zusätzlich wurde 2022 untersucht, wie stark der Stammfuss- und die Wurzelanläufe geschädigt sind und ob die Stammfussnekrosen vom Hallimasch besiedelt sind. Falls Hallimasch gefunden wurde, wurden Proben für die spätere Artbestimmung im Labor gesammelt.

Insgesamt wurden 147 Eschen (inklusive abgestorbene Eschen) von 2018 bis 2022 dreimal angesprochen. Über den vierjährigen Beobachtungzeitraum stellten wir eine massive Zunahme der Kronenverlichtung wie auch der Stammfussnekrosen fest. So sank der Anteil der Eschen mit einer geringen Kronenverlichtung (weniger als 25%) von 41.5% im Jahr 2018 auf 4.1% im Jahr 2022. Gleichzeitig nahm der Anteil der Eschen mit Stammfussnekrosen von 11.7% im Jahr 2018 auf 75.2% im Jahr 2022 zu.

Massive Verschlechterung in kurzer Zeit

Im Sommer 2022 wurden 128 lebende Eschen untersucht. Davon wiesen 71.9% Nekrosen am Stammfuss oder an den Wurzelanläufen auf. Hallimasch wurde in fast allen Nekrosen (92.4%) gefunden. Ob die Nekrosen sekundär vom Hallimasch kolonisiert wurden oder direkt von Hallimasch verursacht wurden, konnte in den meisten Fällen nicht rekonstruiert werden, da die Zersetzung zu weit fortgeschritten war. Vereinzelt konnten nebst Hallimasch zusätzlich H. fraxineus oder andere holzzersetzende Pilze in den Nekrosen nachgewiesen werden. Zwischen den Flächen (8 bis 18 lebende Eschen pro Fläche) variierte der Anteil der Eschen mit Stammfussnekrosen zwischen 50% und 100%.

Mit zunehmender Kronenverlichtung nahm der Anteil der Eschen mit Nekrosen zu. Bei einer Kronenverlichtung unter 25% hatten nur 33.3% der Eschen Nekrosen am Stammfuss oder an den Wurzelanläufen. Sobald der Entlaubungsgrad höher war, waren es mehr als doppelt so viele Eschen (74.4%). Ab einer Verlichtung über 75% hatten alle Eschen Stammfussnekrosen. Im Durchschnitt war auch ein grösserer Anteil des Stammfusses von der Nekrose betroffen, je fortgeschrittener die Entlaubung war.

Bei 73 Eschen konnte die in den Nekrosen vorhandene Hallimaschart erfolgreich bestimmt werden. Die am häufigsten gefundene Art war A. gallica (71.2%) gefolgt von A. cepistipes (23.3%). Vereinzelt wurde auch A. mellea (3 Eschen) und A. borealis (1 Esche) gefunden. Damit dominieren klar Hallimascharten, welche als Schwächeparasiten gelten. Dies weist darauf hin, dass der Hallimasch die Eschen vermutlich erst besiedelt, wenn sie durch das Eschentriebsterben genügend geschwächt sind oder vom Eschentriebsterben verursachte Stammfussnekrosen als Eintrittspforte vorhanden sind. 

Stabilitätsschätzung mit Zugversuchen

Um herauszufinden, ob die Stabilität der Eschen basierend auf dem Schädigungsgrad des Stammfusses und der Krone vorausgesagt werden kann, wurde für 30 Eschen (BHD: 30 bis 70 Zentimeter, 
Ø: 41.0 Zentimeter) die Stand- und Bruchsicherheit mittels Zugversuchen ermittelt (Abbildung 3). Bei diesem für den Baum zerstörungsfreien Verfahren wird ein Zugseil in der Baumkrone befestigt. Mithilfe eines Greifzuges werden verschiedene Kräfte (maximal 30% der Windlast, die der Baum gemäss Windlastanalyse aushalten kann) auf den Baum übertragen. Gleichzeitig wird mittels hochsensibler Neigungssensoren (Inclinometer) an den Wurzelanläufen und Dehnungssensoren (Elastometer) im Stammbereich die Reaktion des Baumes auf die Belastung gemessen und mit einem Computer aufgezeichnet (Abbildung 3). Um eine Schädigung des Wurzelsystems zu verhindern, wird der Baum höchstens bis zu einer Neigung von 0.25° gezogen. In diesem Messbereich verformt sich der Baum elastisch reversibel und bewegt sich anschliessend vollständig in seinen ursprünglichen Zustand zurück. Aus den erhobenen Neigungs- und Dehnungswerten, der Elastizitätsgrenze von grünem Eschenholz gemäss Stuttgarter Festigkeitskatalog (nach Wessolly & Erb 2014) und der Windlastanalyse kann schliesslich die Stand- und Bruchsicherheit bei Sturmbedingungen (durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 90 km/h, Orkanböen von bis zu 131 km/h) geschätzt werden.

Die Zugversuche ergaben, dass 6 der 30 gezogenen Eschen eine hohe Wahrscheinlichkeit haben, bei Sturmbedingungen zu kippen oder zu brechen. Fünf der windgefährdeten Eschen zeigten Nekrosen oder Fäulnis am Stammfuss oder an den Wurzelanläufen. Die sechste gefährdete Esche zeigte starke Rückeschäden durch Forstmaschinen. Jedoch hatten auch 71.4% der windsicheren Eschen kleinere oder grössere Nekrosen am Stammfuss oder an den Wurzelanläufen. Hingegen waren Eschen ohne Nekrosen/Fäulnis oder Verletzungen am Stammfuss oder an den Wurzelanläufen nie kipp- oder bruchgefährdet. Ebenso waren Eschen mit geringer Nekrosenintensität (weniger als 20% des Stammumfangs, Nekrosenhöhe kleiner als 10 Zentimeter) oder einer Kronenverlichtung von weniger als 50% sicher. Sobald der Schadensgrad höher war, stieg das Risiko eines Stabilitätsverlustes moderat an. Bei einer Kronenverlichtung von 75% und mehr war das Risiko eines Stabilitätsverlustes deutlich erhöht.

Empfehlungen für die Praxis

Wie mit erkrankten Eschen umgegangen werden soll, hängt sehr vom Standort ab (Abbildung 4). Grundsätzlich sind Massnahmen nur an Standorten nötig, wo eine erhebliche Gefahr für Mensch oder Infrastruktur besteht und erkrankte oder verletzte Eschen vorhanden sind. Wichtig ist, nicht nur die Kronenverlichtung anzuschauen, sondern auch den Stammfuss genau nach Nekrosen und Verletzungen abzusuchen. Um Nekrosen sowie einen allfälligen Hallimaschbefall feststellen zu können, ist es oftmals nötig, den Stammfuss von Vegetation oder Moss freizulegen und ausgiebig auf verdächtige Stellen (eingesunkene Rinde, Saftfluss/Schleimfluss, nachgiebige Rinde) abzusuchen und evtl. auch mit einem Messer oder Stechbeitel die Rindengesundheit kleinflächig zu untersuchen.

An Risikostandorten für Mensch oder Infrastruktur ist es wohl am sichersten, Eschen schon ab einer mässigen Kronenverlichtung zu entfernen, besonders wenn Nekrosen (mit oder ohne Hallimasch) an der Stammbasis vorliegen (Abbildung 4).
Sobald Nekrosen vorhanden sind, ist davon auszugehen, dass die Zersetzung der Wurzeln und des Stammfusses fortschreiten wird. Wie schnell dieser Prozess abläuft, ist aktuell nicht klar, aber eine Hallimaschinfektion kann sich oft innerhalb kurzer Zeit stark ausbreiten. 

* Renate Heinzelmann, Forschungsgruppe Phytopathologie, Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL)

Autoren

Renate Heinzelmann, Philipp Spiegel, Simone Prospero; Valentin Queloz;  Thomas Hintze

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